Tiergestützte Therapie heute

„Glück ist, wenn das Gesicht von alleine lächelt“, sagte einst ein Kind in einer Umfrage.

Ein Gesicht von alleine zum lächeln zu bringen schaffen meine beiden Hunde täglich und mit Leichtigkeit. Die Hunde als Repräsentanten unserer belebten Mitwelt und Natur, echt und unverstellt in ihrer Haltung, erfreuen dabei auch nicht nur meine Klienten, sondern natürlich auch mich und erschaffen so, durch ihr bloßes Dasein mehr Wohlbefinden oder Wohlsein. So entsteht eine entspannte Atmosphäre, die meine Arbeit erleichtert. Auftrag und Ziel in meiner Arbeit ist es das Wohlbefinden meiner Klienten zu verbessern, sei es auf der seelischen oder auf der körperlichen Ebene. Mein Anliegen und meine Verantwortung in der Tiergestützten Therapie ist es sowohl das Wohl meiner Klienten, meiner Tiere, wie auch mein Wohl im Fokus zu haben und achtsam im Umgang mit allen zu sein. Der Umgang mit Hunden kann achtsamen Umgang mit sich selbst und anderen fördern, allein durch ihre Anwesenheit tragen sie dazu bei mehr im Hier und Jetzt zu SEIN.  Tiergestützte Therapie erfordert eine Grundhaltung von Achtsamkeit mit der Natur, die dann in alle Bereiche getragen werden sollte. Auch im Bereich der Professionalisierung Tiergestützter Therapie ist es mir wichtig diese Haltung von Wertschätzung, Würdigung und Achtung einzubeziehen um in allen Bereichen mehr Achtsamkeit, Gelassenheit und mehr WohlSEIN zu erreichen. In meiner anschließenden Beschreibung der Tiergestützten Therapie in der Ergotherapie steht ihre Wirkweise im Zusammenhang der Sinnessysteme bei der Betrachtung im Vordergrund. Tiergestützte Therapie hat heute jedoch ein großes Spektrum, sowohl in seinen Einsatzgebieten wie auch der Tierauswahl. Auch die Möglichkeiten von Aus-und Weiterbildung sind sehr unterschiedlich im zeitlichen Aufwand, wie auch in der Qualität.

Im Achtsamkeitstraining und den psychischen Bereichen der Therapie können Tiere helfen Stress zu mindern, es Klienten erleichtern offener über ihre Schwierigkeiten zu sprechen oder sie können helfen Sprachbarrieren beim Vorlesen oder freiem Sprechen zu verringern. Einen Hund über einen Parcours zu führen hilft Führungsqualitäten zu trainieren oder kann die persönliche Haltung, den Selbstwert, die Sozialkompetenz, wie auch klarere Grenzsetzung verbessern.

Wichtig für die Arbeit mit einem Hund ist die qualifizierte Ausbildung des Therapeuten, der den Hund einsetzt.  Der Therapeut muss sich mit Hundeverhalten, artgerechter Haltung und Tierschutz, sowie der Ausbildung des Hundes auskennen und seinen Hund in den unterschiedlichen Situationen „lesen“ können. Tiergestützte Therapie bedeutet auch eine große Verantwortung, da ein Dritter mit in den therapeutischen Prozess integriert ist, wird die Arbeit für den Therapeuten komplizierter. Es gilt die Möglichkeiten,  die der Umgang mit Hunden den Menschen ermöglicht zu nutzen und möglichen Schaden für Klienten oder Hund abzuwenden.

Für mehr Information empfehle ich:

Rainer Wohlfarth/Bettina Mutschler: Praxis der hundegestützten Therapie, Grundlagen und Anwendung, Ernst Reinhardt Verlag 2016

Rezension:

Gerade der Einsatz des Hundes ist im Rahmen tiergestützter Therapie, Pädagogik und Fördermaßnahmen ein oft heiß diskutiertes Thema mit vielfältigen unterschiedlichen Facetten und Meinungen.

Umso erfreulicher liest sich dieses umfassende Buch, das durchweg in verständlicher Sprache geschrieben ist.

Da bleibt nichts unerwähnt, angefangen von Definitionen, der Geschichte der hundegestützten Therapie, wissenschaftlichen Hintergründen und Themen der Mensch-Tier-Beziehung wie Salutogenese, Biophilie, Du-Evidenz und relevanten Aspekten der Bindungstheorie. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden auf die Praxis übertragen und auch die offenen Fragen werden nicht verschwiegen. Ausgewählte Studien sind in hervorgehobenen Kästchen beschrieben, was interessant und sicher praktisch ist für alle, die Pionierarbeit leisten müssen und so einen leichten Zugriff für ihre Vorträge und Konzepte haben. Ebenso erfreulich und durch das ganze Buch zu finden sind Zusammenfassungen am Ende der Kapitel, sowie Praxistipps, ebenfalls in Kästchen hervorgehoben. So ist es dem Leser möglich, sich das wichtigste für die Praxis ohne großen Aufwand herauszupicken.

Des weiteren werden Parallelen und Unterschiede des Mensch-Hunde-Verhaltens differenziert beschrieben im Kontext zu den Möglichkeiten, Hindernissen und Gefahren des Einsatzes. Auch Stress, Tierethik, Anthropomorphisierung, Instrumentalisierung des Hundes für Tierhalter wie Klient werden in aller Vielfalt besprochen. Es fehlen auch nicht Gedanken und Tipps zur Auswahl des Hundes, der Aufzucht des Hundes, sowie Checklisten zur Qualitätssicherung, rechtlichen Grundlagen, Gefahren, Hygiene und Haftungsrecht.

Besonders hat mir die vorgestellte Haltung der Verfasser gefallen. Einfach, authentisch und glaubwürdig soll der Umgang mit dem Hund sein, beziehungsorientiert, dem Konzept des „leadership“, (Führung) angelehnt. Es soll Sinn machen, was wir mit dem Hund tun, auch in unserer Arbeit tun und auch für den Hund. Es geht dabei um Beziehung und Kommunikation statt um eine (unausgesprochene) Diktatur und Kommandos. Auch die Einladung der Verfasser deren Haltung kennenzulernen, diese kritisch zu hinterfragen und sich dann seine eigene Haltung zu entwickeln, trifft ganz mein Verständnis von Wertschätzung und Respekt als Lebensgrundhaltung. Virginia Satir, die Wegbereiterin der Systemischen Therapie hatte eine ähnliche Haltung der Empathie, Wertschätzung und Idee von Begleitung der Klienten auf einem neuen Weg, dessen Richtung und Tempo der Klient bestimmt und sie sagte auch:

„Ein System ist eine Ganzheit. Jedes Teil ist mit jedem so verbunden, dass jede Änderung eine Änderung des Ganzen bewirkt…“ Aus „Selbstwert und Kommunikation”, Virginia Satir (2002). Möglicherweise könnten wir in unseren Therapiesystemen (Klient-Hund-Halter etc.) viel mehr an Wertschätzung weitergeben, wenn wir auch unserem Hund noch mehr in dieser Haltung begegnen würden.

Unter dem Aspekt, es solle Sinn machen, was man tut, auch mit dem Hund in der Therapie, werden unterschiedliche Formen des Einsatzes bis hin zu möglichen Evaluierungsformen besprochen. Eine Buchliste für Einsatzmöglichkeiten in spezifischen Praxisfeldern ist ebenfalls eingefügt.

Eines der vielleicht besonders kontrovers diskutierten Themen der TGT mit Hund, die Ausbildungsanforderungen und Prüfungen von Hund und Halter (inklusive einer jährlichen Nachprüfung) sind differenziert gefordert und dargelegt: Eine große umfassende ISAAT/ESAAT anerkannte theoretische Ausbildung für den Halter, sowie eine auf den Einsatz des Hundes spezialisierte Ausbildung für Mensch und Tier.

Eine Prüfung als Standard für Hund und Halter ist sicherlich sinnvoll. So ist sicher gestellt, dass sich der Hundehalter auf jeden Fall mit den diesbezüglichen Inhalten beschäftigt hat und sein Hund auch aus professioneller Außensicht geeignet ist.

Es bleiben natürlich Fragen offen, hinsichtlich der Hunde, die keine oder ihre Eignung aberkannt bekommen haben, z.B. alte Hunde, die weiterhin zusammen mit ihrem Nachfolger-Kollegen dabei sein möchten und vielleicht nicht zu Hause bleiben können, aus organisatorischen oder wirtschaftlichen Gründen, oder denen, die z.B. aus dem Tierschutz kommen und in bestimmten Fällen sinnvoll im Einsatz sind und ansonsten in der Familie zu Hause verweilen usw..

Da gibt es sicherlich noch einigen Diskussionsbedarf und Bedarf an Weiterentwicklungen, zu denen ich mich von den Autoren eingeladen gefühlt habe.

In jedem Fall ist dieses Buch eine Bereicherung für jeden, der tiergestützt mit Hund arbeitet, dem Anfänger wie dem „alten Hasen“.

Ein tolles Buch, sehr lesenswert. herzlichen Dank.

Petra-Kristin Petermann
Ergotherapie, Systemische Therapie, Tiergestützte Therapie
Einsatz des Hundes seit 1996
www.maunakea.de